20 ZEIT- UND SELBSTMANAGEMENT » Manche versuchen mehr Zielwirksamkeit (Eff ektivität) mittels To-Do-Listen zu erzielen. Eine übermäßige Fokussierung auf das Ab- arbeiten von To-Do-Listen kann aber dazu führen, dass wir uns von einer (kleinen) Aufgabe zur nächsten hangeln, ohne wirklich Wichtiges zu erreichen. Professor Christian Rieck von der Frankfurt University of Applied Sciences warnt vor dieser Falle und schlägt vor, sich auf maxi- mal drei wirklich wichtige Aufgaben pro Arbeitstag zu konzentrieren und diese nicht vorzeitig abzubrechen. Eine alternative Strategie ist die Einführung einer „stillen Stunde“, in der wir uns den Luxus der Nicht-Erreichbarkeit gönnen und uns voll- ständig auf unsere Arbeit konzentrieren, ohne Ablenkungen durch das Internet, Telefon oder Unterbrechungen. DER BEITRAG EISENHOWERS Der ehemalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower identifi zierte ein weiteres Hindernis für die Zielerreichung: die Verwechslung von Dring- lichkeit und Wichtigkeit. Die Wichtigkeit einer Aufgabe sollte an ihrem Beitrag zur Zielerreichung gemessen werden, während Dringlichkeit lediglich bedeutet, dass eine Aufgabe sofort erle- digt werden muss, jedoch nicht unbedingt von uns selbst. Eisen- hower schlug vor, Aufgaben, die dringend, aber weniger wichtig sind, an andere zu delegieren. Dies erfordert jedoch Vertrauen in die Fähigkeiten anderer und vom Beauftragten das Empfi nden von Kompetenz. IM HAMSTERRAD DER SOZIALEN ROLLEN Ein weiterer Grund für unzureichende Zielerreichung liegt darin, dass Menschen oft verschiedene gesellschaftliche Rollen einnehmen und (hohe) Erwartungen darüber haben, wie diese Rollen erfüllt werden sollen. Soziale Rollen sind Verhaltensmuster, die das Funktionieren der Gesellschaft unterstützen, aber nicht notwendigerweise individuellen Zielen dienen. Die Bewusstwerdung dieser Rollenkonfl ikte ist ein ers- ter Schritt, um ihnen zu entkommen. Refl exion und Verhaltenskorrektur erfordern Muße und ein möglicher Lösungsansatz besteht darin, regel- mäßige Termine zur Selbstüberprüfung einzurichten, um sicherzustel- len, dass unsere Handlungen auf unsere Ziele ausgerichtet sind und Anpassungen vorgenommen werden können. Termine mit sich selbst müssen dieselbe Verbindlichkeit haben wie Termine mit anderen. Denn ohne Feedback keine Verhaltenskorrektur. WARUM WIR VERÄNDERUNGEN SCHEUEN In der Praxis stoßen viele Menschen auf Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ihr Handeln anzupassen. Ein klassisches Beispiel hierfür fi ndet sich im Bereich langfristiger Vermögensanlagen. Stellen Sie sich vor, ein Anleger hat sein Vermögensportfolio in zwei Teile aufgeteilt, zum Beispiel 70 Prozent in einen Exchange Traded Fund (ETF) für Indus- trieländer und 30 Prozent in einen für Schwellenländer. Im Laufe der Zeit verändern sich die Marktleistungen, wodurch die Gewichtung der Portfoliokomponenten abweicht. Um diese Abweichungen auszuglei- chen, ist eine regelmäßige Anpassung der ursprünglichen Portfolioba- lance erforderlich, was als „Rebalancing“ bezeichnet wird. Interessanterweise haben der Nobelpreisträger Richard H. Thaler (University of Chicago) und Cass R. Sunstein (Harvard University) für Schweden und die USA festgestellt, dass kaum mehr als 3 Prozent der Anleger*innen Anpassungen in ihren langfristigen Vermögensport- folios vornehmen. Dieses Verhalten wird als „Status Quo Bias“ (Bei- behaltungstendenz) bezeichnet und hat seinen Ursprung darin, dass Menschen dazu neigen, bestehende Zustände oder Entscheidungen beizubehalten, selbst wenn rationale Argumente für Veränderungen sprechen. Dies kann auf Bequemlichkeit, die Angst vor Verlusten und die Vorliebe für Gewohntes zurückgeführt werden. Wie können wir diesem Bias begegnen? Erstens: automatisches Re- balancing – Nutzen Sie Tools, beispielsweise Softwarelösungen, die Ihr Portfolio automatisch in die gewünschte Vermögensverteilung zurückführen, um Veränderungen im Laufe der Zeit auszugleichen. Zweitens: klare Regeln festlegen – Defi nieren Sie eindeutige Kriterien, wann und wie Sie Ihr Portfolio überprüfen und anpassen, basierend auf vorher festgelegten Toleranzgrenzen für Abweichungen von Ihrer Ziel- allokation. Drittens: regelmäßige Überprüfung – Planen Sie feste Zeit- punkte zur Portfolioüberprüfung und -anpassung, um sicherzustellen, dass es den gewünschten prozentualen Strukturen entspricht. Dies könnte beispielsweise einmal im Jahr erfolgen.